Tag 113 bis 120: Usch

Tag 113: Samstag der 20.7.2013 Spurensuche in Usch

Heute lerne ich Frau Annie Chmielnik kennen, denn Frau Lubomira Ciesielska, (hier im Hintergrund) in deren schönen Pension ich für die kommenden Tage Quartier bezogen habe und die für mich sämtliche Kontakte hier in Usch herstellt, kennt die 91 jährige sehr gut. Als Lubomira noch ein kleines Mädchen war, ist sie bei Annie in Pflege gewesen.“ Ich bin damals oft an dem Haus deiner Mutter vorbeigegangen, weil wir ja in der Nähe wohnten und dann hat meine Mutter immer zu mir gesagt: hier oben wohnt die Familie Maass und darunter die Familie Schmidt, da kann ich mich noch sehr gut daran erinnern“…erzählt mir die nette alte Dame. Wir unterhalten uns noch längere Zeit Oma Annie und ich, und endlich fallen dann auch meine letzten Zweifel an der Tatsache, dass hier in Usch, in der Ul. Czarnkowska 28 meine Mutter Grete Hedwig Maass am 25.9.1920 zur Welt gekommen ist und die ersten Jahre ihres Lebens hier verbracht hat. 

In Usch gibt es zwei alte Schulen…enen Bundesstraße, kommt mir der Verkehr entgegen. Der blanke Horror!!! Mit 25° ist es plötzlich sehr warm und die Autos fahren viel zu schnell. Mehrmals muss ich zu meiner eigenen Rettung auf die Grasnarbe springen. Den Tag will ich schnell wieder vergessen! Als ich das Dorf Egeln erreiche, finde ich den Weg zur Pension nicht und so holt mich freundlicherweise Carmen, die Eignerin der Pension, mit ihrem kleinen Flitzer vom vorher telefonisch besprochenen Treffpunkt dem Wasserturm von Egeln ab. Ich traue meinen Augen nicht, als ich dann ihre Pension betrete. Alles ist nagelneu eingerichtet. Betten mit neuen Matratzen, Badezimmer und Fernseher, einfach alles. Carmen hat sich wirklich viel Mühe gegeben und ihre Pension mit viel Liebe eingerichtet!

Tag 114: Spurensuche in Usch

Und so sitze ich am nächsten Tag auf den Stufen vor dem Eingang einer der beiden Schulen in Usch und komme ins grübeln. Ob meine Mutter wohl damals hierdurch diese Tür ein und aus gegangen ist? Heute ist die Schule zu einer Pension umgebaut, aber die Außenmauern und die schwere Eingangstüre sehen genauso aus wie damals vor vielen Jahrzenten. Das beweist ein altes Foto aus jener Zeit, als das junge Mädchen Annie Chmielnik ( heute Oma Chmielnik ) als junges Mädchen eben genau vor der Treppe ihrer Schule stand…

Tag 115: Spurensuche in Usch

Gemeinsam mit Lubomira, die mich von nun an auf allen Wegen meiner Spurensuche begleitet, gehe ich erneut zum Haus meiner Mutter. Wir besuchen die junge Familie, die jetzt in der ehemaligen Wohnung meiner Mutter lebt. Nur zögerlich gehe ich die Stufen hoch und mir ist sehr seltsam zumute als ich über die Türschwelle das erste Stockwerk betrete. Das junge Ehepaar, das hier wohnt, hat das von außen so verlebt erscheinende alte Haus, innen ausgesprochen hübsch hergerichtet! Ich darf mich umsehen bei Ihnen? Natürlich antwortet mir die freundliche Frau. Aber dennoch komme ich mir irgendwie aufdringlich vor als ich neugierig durch die Räumlichkeiten schaue. 

Es dauert einige Zeit bevor ich mich überwinde und als ich merke, dass es der jungen Frau, die sich mittlerweile mit Lubomira über meine Spurensuche unterhält, wirklich nichts ausmacht, dass ich hier bin, verliere ich ein bisschen die Scheu und darf später sogar einige Aufnahmen machen. Der alte Ofen im Wohnzimmer und noch einer im Flur fallen mir auf und ich frage mich, ob diese Öfen damals vor über 90 Jahren schon von den Eltern meiner Mutter befeuert wurden und Wärme spendeten… und ich schaue aus dem Fenster und sehe die alte Huta vor mir stehen, die Glashütte. 

Die Fabrik hat es damals lange schon vor Geburt meiner Mutter gegeben und heute wie damals werden dort immer noch Glasflaschen hergestellt. Wird meine Mutter als Kind, so wie ich jetzt hier, am Küchenfenster gestanden haben um den Arbeitern bei ihrer schweren Arbeit zu zuschauen… Als ich später vor dem Haus auf einer der drei Eingangsstufen stehe, stelle ich mir vor, dass sie damals vielleicht genau hier gesessen hat oder mit den anderen Kindern aus der Nachbarschaft vor dem Haus und im Hinterhof nachlaufen und verstecken spielte…

So bin ich dann auch froh, als ich am Abend endlich die Unterkunft in Schora erreiche. Aber der Tag war längst noch nicht zu Ende und hätte ich nur im Ansatz eine Chance gehabt weiterzugehen, hätte ich es getan. Das Zimmer war im wahrsten Sinn des Wortes eine Zumutung! Die Betten kaputt, die Dusche war nicht zu regulieren und das Wasser war entweder brühend heiß oder eben eiskalt! Alles machte einen sehr spartanischen Eindruck. Nachdem ich dann aus der Dusche komme, rieche ich am einzigen Handtuch das irgendwo in einer Ecke hängt… ekelhaft! 

Dann, im Wirtshaus der gleiche ungepflegte Eindruck. Wieder zurück in meinem Zimmer, wollte ich wenigstens Fernsehen gucken… Fehlanzeige, der war kaputt. Die abschließende Krönung war dann noch, dass die Heizung nicht funktionierte und ich in diesem Bett mit stinkendem Bettzeug einfach nicht einschlafen konnte. Unzumutbar!

Tag 116: Spurensuche in Usch

Die Presse kommt. Im Bürgermeisteramt werden wir schon erwartet. Ich erhalte sozusagen Akteneinsicht im Standesamt und bekomme den Nachweis über Mutters Geburtsurkunde in dreifacher Ausführung ausgehändigt. Ein sehr freundliches Gespräch folgt dann bei der Stellvertreterin des Bürgermeisters, der selbst zur Zeit in Urlaub ist.

Tag 117: Spurensuche in Usch

Gemeinsam mit der großen Familie von Lubomira Ciesielska mache ich einen Ausflug mit der Pferdekutsche über die Dörfer ins Umland von Usch. Alle haben einen Heidenspaß dabei!

Tag 118: Spurensuche in Usch

Bald heißt es Abschied nehmen von Usch, doch viele gute Erinnerungen werden mir bleiben und ich werde wiederkommen, dass ist sicher!

Tag 119: Spurensuche in Usch

Blumen zum Abschied für die nette Bewohnerin der Ul. Czarnkowska 28 Lubomira und ich ziehen erneut los um etwas über meine Großmutter Frau Hedwig Landskowski herauszufinden. Doch unsere Bemühungen während der letzten Tage, unsere Fahrten in die umliegenden Dörfer von Usch, die Besuche bei den Bauern, bleiben auch heute ohne Erfolg. Niemand kann sich hier an eine Familie Landskowski erinnern…Dann gehen Lubomira und ich zu einer Bekannten von ihr. Der Sohn der Frau möchte Priester werden und beschäftigt sich schon länger mit der Geschichte und der Vergangenheit von Usch, und der kennt sich aus mit dem Archiv in Posen. Ich aber werde nicht mehr dabei sein wenn er sich erkundigt, denn morgen beende ich meinen langen Weg nach hause und fahre endgültig in meine Heimat zurück. Doch zum Schluss verspricht man mir, im Laufe der kommenden Zeit im Archiv nachzuforschen und dann sehen, ob darin irgendein Nachweis über die Herkunft meiner Großmutter Hedwig Landskowski zu finden ist.

Tag 120: Abschied von Usch

Auf Wiedersehen Frau Annie Chmielnik, ich hoffe, wir sehen uns wieder!