40 Tage mit Rucksack im Greyhound unterwegs

Rock the roads - Mit dem Fahrrad die Welt entdecken.

Juli 1998

First cut is the deepest…

Irgendwann im Juli 1998 war es endlich soweit und aus Träumerei wurde Wirklichkeit.Mit dickem Rucksack hinten drauf und kleinerem vor die Brust geschnallt, stand ich erwartungsvoll am Bus Terminal von Downtown Multi Vancouver und harrte der Dinge die da kommen sollten. Mein erster Törn führte in 14 stündiger Fahrt etwa 1000 km mit dem Greyhound aus der schönsten Stadt der Welt heraus über die Coast Mountains und das Okanagan Valley bis hinauf in die herrliche Bergwelt der Rocky Mountains, nach Banff. Ich glaube es war Morgens so gegen 2 Uhr als die Schwenktür sich öffnete und der Greyhound mich als einzigen Fahrgast in den strömenden Regen entließ. 

Das Motorengeräusch entfernte sich alsbald und von da an war ich allein. Es war zwecklos, den strömenden Regen abzuwarten, also schnallte ich meine Rucksäcke auf, fasste mir ein Herz und zog los. Als ich Nass wie eine Katze, so eine Zeitlang durch die leeren Straßen von Banff umherirrte um den richtigen Weg zum Tunnel Mountain Campground zu finden, vernahm ich ein plötzliches Schmatzen neben mir. Ich erschrak und wollte schon losrennen, stand doch tatsächlich ein riesiger Wapiti Hirsch unmittelbar neben mir im Vorgarten und kaute genüsslich an den Blumen. Wegrennen wäre jetzt eine wahrlich schlechte Option dachte ich noch, auch weil nur unweit, gleich mehrere Wapitis die Straße überquerten – also hieß das Gebot der Stunde, Ruhe bewahren und möglichst unauffällig um die Bande herum zu schleichen…

Es sollte nicht das einzige Erlebnis auf meiner ersten Nachtwanderung in den Rocky Mountains gewesen sein. Bevor ich Stunden später endlich den Tunnel Mountain Campground erreichte, stand bereits die Sonne zwischen den Berggipfeln – als eine große Herde grasender Wapitis mit Jungtieren mir entgegenkam. Ein aufregendes Erlebnis – das ich meinen Lebtag niemals vergessen werde! 

Rock the roads - Mit dem Fahrrad die Welt entdecken.
Ein paar Tage später liegt meine Karte vor mir auf dem Schlafsack ausgebreitet. Mit Woll Handschuhen und Mütze bewährt, liege ich ebenfalls in meinem Zelt und schließe die Augen. Um meine nächste Etappe dem Zufall zu überlassen, hebe ich meinen rechten Zeigefinger und lasse diesen von geistigen Auge geführt langsam auf die Karte nieder… Von nun an geht mein Abenteuer 2200 km weiter mit dem Bussystem durch die Rocky Mountains zum Lake Louise, dem Columbia Icefield und nach Jasper, bis in die Großstadt  Edmonton –  von dort über Peace River und den Mackenzie Highway rauf in die Northwest Territories an den großen Sklavensee nach Yellowknife.
 
Hier lerne ich den Deutschen Peter und seine Schwester Tina kennen mit denen ich kurze Zeit darauf auf dem Folk On the Rocks Festival Spare Ribs an die Besucher des Musikfestival verkaufe…und ich lerne Heide Estler kennen bei der ich mir ein paar Dollars für den neuen Anstrich ihrer Container verdiene. Gemeinsam mit ihrem Wolfshund Raudie unternehmen wir drei ein paar kleine Exkursionen mit ihrem Toyota Jeep ins Hinterland von Yellowknife.
Rock the roads - Mit dem Fahrrad die Welt entdecken.

Die Zeit verging wie im sprichwörtlichen Fluge. Zurück in den Westen nach Vancouver Island, lerne ich auf einer Zwischenstation den Quebecer Ryan kennen. Der junge Mann war ein Jahr zuvor als 17 jähriger Bursche 5000 km fern von seiner Heimat in Quebec losgezogen und hatte im Westen British Columbias im Busch und in den Städten als sogenannter Brusher gearbeitet. Ich schlug mein Zelt auf dem Whistler Campground im Jasper Nationalpark inmitten der grandiosen Bergwelt der Rocky Mountains auf – und erlebe einen Sternenhimmel, der mir im wahrsten Sinne des Wortes den Atem verschlägt.

Zum Schluss meiner ersten Exkursion durch Kanada fahre ich zum Pacific Rim Nationalpark auf die Insel Vancouver Island. Bei Burger und Kaffee genieße ich den Ausblick auf den Gentle Giant, und erlebe das lockere Alt-Hippie-Flair im malerisch schönen Tofino. Ich laufe entlang des Long Beach, dem Taucher und Surfer-Paradies an der felsigen Westküste Kanadas – mit ihrem letzten Rest borealen Küstenwald – Thuja Plicata, den mächtigen Riesen Lebensbäumen.

Von nun an hatte ich Blut geleckt…